Geschichte

Bodenreform (1945 bis Mitte 1950)

Kurz nach Ende des Krieges begann in der sowjetischen Besatzungszone die „Bodenreform“. Dabei wurden Großgrundbesitzer mit über 100 ha, sowie prinzipiell „NS- und Kriegsverbrecher“ entschädigungslos enteignet. In Niederau wurden landwirtschaftliche Flächen des Rittergutes Oberau an Umsiedler, Kleingärtner und Landarbeiter aufgeteilt. Außerdem wurden allen Betrieben ein Abgabensoll auferlegt. Die sowjetische Militäradministration drängte oft energisch auf die vollständige Ablieferung. Die wenig produktiven, kaum mechanisierten Kleinstbetriebe in Kombination mit der hohen Abgabenlast führt insgesamt dazu, dass die Versorgung mit Lebensmitteln nach dem Krieg lange Zeit weiter sehr schlecht blieb.

Kollektivierung (Mitte 1950 bis Mitte 1970)

Aufgrund der schlechten Versorgungslage kehrte sich das politische Ziel um. Die erst entstandenen Kleinstbetriebe sollten sich nun wieder zu Großbetrieben, den sogenannten „Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG)“ zusammenschließen. Im Rahmen dieser Kollektivierung entstand in Niederau 1955 die erste LPG „Seid bereit“ mit 79 ha und dem Vorsitzenden Paul Lademann. In Niederau gründeten sich noch weitere LPG’s. Bis 1960 traten fast alle Landwirte in Niederau, oftmals unter Druck, in eine LPG ein. In Niederau gab es nun Genossenschaften des Typs I und III.
Typ I: Die Mitglieder haben ihr Ackerland in die Genossenschaft eingebracht und gemeinsam bewirtschaftet. Das Grünland bleib noch in individueller Nutzung und die Viehbestände wurden ebenfalls von jedem Bauern persönlich betreut.
Typ III: Die Mitglieder gaben neben der gemeinsamen Bewirtschaftung des Ackerlandes auch ihr Vieh, die Wirtschaftsgebäude und Maschinen zur gemeinsamen Nutzung in die LPG.
1972 gab es dann nur noch die LPG „Seid bereit“ des Typ III. Die LPG bewirtschaftete nun 700 ha, die Anzahl der Schläge verringerte sich durch Zusammenlegung der Felder. So konnte größere und modernere Technik zum Einsatz kommen. Außerdem wurden im Gebiet der Nassau Vorfluter instandgesetzt, Gräben unterhalten und Felder drainiert. Die LPG konzentrierte sich vor allem auf die Milch- und Geflügelwirtschaft, da die schwierigen Bodenverhältnisse in Niederau am ehesten für den Futteranbau geeignet waren.
Die LPG errichtete 1968 einen hochmodernen Liegeboxen-Laufstall. Der Stall war zu diesem Zeitpunkt einer der ersten dieser Art. Bis heute sind Liegeboxen-Laufställe der Standard in der Milchviehhaltung.

Zeit bis zur Wende (Mitte 1970 bis 1989)

1972 kam es zu einer weiteren Spezialisierung. Es wurde der Pflanzenbau für das Gebiet von Diera bis Ockrilla, Großdobritz und Niederau zusammengelegt und von der LPG „Wilhelm-Pieck Ockrilla“ bewirtschaftet. Die LPG „Seid Bereit“ ging damit in der LPG Wilhelm-Pieck und der neu gegründeten Tierproduktions-LPG „Frieden Niederau“ auf. Das Futter musste die LPG „Frieden Niederau „fortan von der Pflanzenbau-LPG kaufen.




Zeit nach der Wende (1989 bis heute

Nach der Wende 1989 stand die Landwirtschaft im Niederau vor dem größten Umbruch seit dem Ende des zweiten Weltkrieges. 1991 ging aus der ehemaligen Tierproduktions-LPG „Frieden“ die Agrargenossenschaft Niederau e.G. hervor. Die Herausforderungen in der Zeit des Umbruchs waren immens:

  •  Erstmaliger Abschluss von Pachtverträgen
  • Bewertung des gesamten Vermögens und Vermögensauseinandersetzung mit Genossenschaftsmitgliedern und Mitarbeitern
  • Beschaffung von Technik, da von heute auf morgen ein eigener Feldbau aufgebaut werden musste
  • Anpassung der gesamten Produktion an die neuen Anforderungen der Marktwirtschaft

Im Laufe der Jahre wurde dann kontinuierlich investiert um wettbewerbsfähig zu bleiben:

  • Komplette Modernisierung aller Ställe, Bau Güllelager (1994)
  • Modernisierung der Werkstatt (2000)
  • Neubau Tankstelle (2000), Lagerhallen (1999), Getreidesilo (2011)
  • Neubau Stall an der Kirchstraße (1998), Umbau auf Liegeboxen-Laufstall (2009)
  • Neubau Kälberstall (2005)
  • Neubau Melkstand (1991 und 2002)

Ab dem Jahr 2014 begann die Liberalisierung des europäischen Milchmarktes. Dieses Jahr markierte den Beginn einer zunehmenden Verschlechterung der wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen für die Milchviehhaltung. Dies führte dazu, dass die Genossenschaft Anfang 2022 schweren Herzens die Milchproduktion einstellen musste. Damit wird erstmals, vermutlich seit Gründung des Dorfes, keine Milch mehr im Ort Niederau erzeugt. Nun werden Jungrinder in den ehemaligen Milchviehställen gehalten, die für andere Milchviehbetriebe als Nachzucht verkauft werden.

Auch der Pflanzenbau wurde schrittweise modernisiert. So wird modernste Technik genutzt, um trotz der besonders schwierigen Bodenverhältnisse in Niederau stabile Erträge zu erzielen.



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